Der Notlagen-Tarif (NLT) in der privaten Krankenversicherung (PKV)

 

Mit dem seit dem 01.08.2013 in Kraft getretenen „Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung" werden Versicherten in bestimmten Fällen die Beitragsschulden erlassen. In der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Säumniszuschläge von 5 Prozent auf 1 Prozent reduziert. In der privaten Krankenversicherung wird ein Notlagentarif für säumige Beitragszahler eingeführt.

 

Der Notlagen-Tarif (NLT)

Der Notlagen-Tarif nach § 12h VAG ist ein Tarif für Versicherte in vorübergehenden finanziellen Notlagen. In ihn können Versicherte umgestellt werden, die trotz zweimaliger schriftlicher Mahnung in einem Zeitraum von sechs Monaten keine Beiträge gezahlt haben. Säumige Beitragszahler können – wenn sie dem nicht widersprochen haben – auch rückwirkend in diesen Tarif gruppiert werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Ruhendstellung des Vertrages:

  • Versicherte Personen, die sich am 01.08.2013 aufgrund von Zahlungsverzug im Ruhen befinden und die, die ab dem 01.08.2013 nach Durchlauf des neu geregelten Mahnverfahrens ins Ruhen fallen, werden in den Notlagen-Tarif (NLT) umgestellt
  • Der Notlagentarif kann nicht im Neugeschäft angeboten werden
  • Eine Umstellung nach § 204 VVG (Tarifwechselrecht) in und aus dem Notlagen-Tarif (NLT) ist ausgeschlossen

 

Leistungen des Notlagen-Tarifs (NLT)

Versicherte im Notlagen-Tarif (NLT) erhalten keinen vollwertigen Krankenversicherungsschutz, sondern nur Leistungen einer Notfallversorgung:
 
  • Der Notlagen-Tarif ist ein verbandseinheitlicher Tarif
  • Der NLT erstattet Leistungen zur Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft
  • Kinder und Jugendliche erhalten darüber hinaus Aufwendungen für Vorsorgeuntersuchungen nach gesetzlich eingeführten Programmen und empfohlene Schutzimpfungen erstattet
  • Im Notlagen-Tarif werden keine Alterungsrückstellungen gebildet. Dies ist zur Entlastung der übrigen, vertragstreuen Versicherten notwendig. Die bereits aufgebaute Alterungsrückstellung geht dabei nicht verloren. Zwar wird sie teilweise zur Beitragsminderung im Notlagen-Tarif angerechnet, im Übrigen bleibt sie aber für die spätere Rückkehr des Versicherten in den Normaltarifen geparkt und wird dort verzinst. Wenn alle Beitragsschulden, Säumniszuschläge und Mahngebühren zurückgezahlt sind, wird der Vertrag ab dem übernächsten Monat automatisch im alten Tarif fortgesetzt
  • Der Notlagen-Tarif (NLT) ist als Tarif für "Normalversicherte" mit 100 % Leistungsumfang (NLTN) und als Tarif für Beihilfeberechtigte mit den prozentualen Erstattungssätzen 20, 30 und 50 Prozent (NLTB) verfügbar
  • Der NLT ist als Unisex-Tarif kalkuliert und kostet für jeden Kunden – egal ob jung oder alt – den gleichen Beitrag (Uniage-Kalkulation)
 
Der Wortlaut des § 12h Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) lautet wie folgt:
...
(1) Nichtzahler nach § 193 Absatz 7 des Versicherungsvertragsgesetzes bilden einen Tarif im Sinne des § 12b Absatz 2 Satz 1. Der Notlagentarif sieht ausschließlich die Aufwendungserstattung für Leistungen vor, die zur Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Abweichend davon sind für versicherte Kinder und Jugendliche zudem insbesondere Aufwendungen für Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen und für Schutzimpfungen, die die Ständige Impfkommission beim Robert Koch-Institut gemäß § 20 Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes empfiehlt, zu erstatten.
 
(2) Für alle im Notlagentarif Versicherten ist eine einheitliche Prämie zu kalkulieren, im Übrigen gilt § 12 Absatz 1 Nummer 1 und 2. Für Versicherte, deren Vertrag nur die Erstattung eines Prozentsatzes der entstandenen Aufwendungen vorsieht, gewährt der Notlagentarif Leistungen in Höhe von 20, 30 oder 50 Prozent der versicherten Behandlungskosten. § 12 Absatz 1c Satz 1 bis 3 gilt entsprechend. Die kalkulierten Prämien aus dem Notlagentarif dürfen nicht höher sein, als es zur Deckung der Aufwendungen für Versicherungsfälle aus dem Tarif erforderlich ist. Mehraufwendungen, die zur Gewährleistung der in Satz 3 genannten Begrenzungen entstehen, sind gleichmäßig auf alle Versicherungsnehmer des Versicherers mit einer Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Absatz 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes erfüllt, zu verteilen. Auf die im Notlagentarif zu zahlende Prämie ist die Alterungsrückstellung in der Weise anzurechnen, dass bis zu 25 Prozent der monatlichen Prämie durch Entnahme aus der Alterungsrückstellung geleistet werden.
...
 
Beiträge des Notlagen-Tarifs (NLT)
 
Die Beiträge des Notlagen-Tarifs (NLT) betragen:
 
  • Tarif NLTN für Normalversicherte und Beihilfeberechtigte ohne Beihilfeanspruch 79,14 EUR
  • Tarif NLTB 20 für Beihilfeberechtigte mit 80 % Beihilfeanspruch 15,83 EUR
  • Tarif NLTB 30 für Beihilfeberechtigte mit 70 % Beihilfeanspruch 23,74 EUR
  • Tarif NLTB 50 für Beihilfeberechtigte mit 50 % Beihilfeanspruch 39,57 EUR
 
Während der Versicherung im Notlagen-Tarif (NLT) entfallen alle eventuell vereinbarten Nachlässe und Zuschläge (z.B. Risikozuschläge) der jeweiligen Ursprungstarife. Bisher angesammelte Alterungsrückstellungen werden auf den Beitrag des NLT angerechnet. Es sind jedoch mindestens 75 % des Grundbeitrags des Notlagen-Tarifs zu zahlen (Mindestbeitrag des Tarifs NLTN beträgt also 59,36 EUR). Nicht angerechnete Alterungsrückstellungen werden im Notlagen-Tarif (NLT) bis zur Rückumstellung in die jeweiligen Ursprungstarife "geparkt".
 
 
Regelungen des Notlagen-Tarifs (NLT) für Bestandskunden
 
Für Versicherte, die sich am 01.08.2013 bereits im Ruhen befinden, gilt folgende Regelung:
 
  • Verträge, die am 01.08.2013 ruhen, gelten rückwirkend ab Ruhensbeginn als in den Notlagen-Tarif (NLT) umgestellt
  • Damit wird rückwirkend ab dem Tag des ursprünglichen Ruhensbeginns lediglich der Beitrag des NLT geschuldet (allerdings der komplette NLT-Beitrag ohne Anrechnung der Alterungsrückstellungen; die Anrechnung der Rückstellungen wird erst ab dem 01.08.2013 vorgenommen). Erbrachte Leistungen werden jedoch nicht rückabgewickelt.
  • Diese rückwirkende Umstellung in den Notlagen-Tarif (NLT) reduziert den geschuldeten Beitragsrückstand deutlich
  • Versicherte mit aufgelaufenen Beitragsschulden erhalten eine realistische Chance die Beitragsrückstande zu tilgen und wieder in die laufende Beitragszahlung einzutreten

 

Regelungen des Notlagen-Tarifs (NLT) für Rückstand nach dem 01.08.2013
 
Für Versicherte, die nach dem 01.08.2013 in Rückstand geraten gilt folgende Regelung:
 
  • Anwendung des ab 01.08.2013 neu eingeführten 2-stufigen Mahnverfahrens
  • Erste Mahnung: Wenn der Kunde mit Prämienanteilen in der Höhe von zwei Monatsbeiträgen im Rückstand ist
  • Zweite Mahnung: Ist der Rückstand zwei Monate nach Zugang der ersten Mahnung noch höher als ein Monatsbeitrag, erfolgt eine zweite Mahnung. Es erfolgt ein Hinweis auf das mögliche Ruhen.
  • Ruhen: Ist der Rückstand einen Monat nach Zugang der zweiten Mahnung größer als ein Monatsbeitrag, ruht das Versicherungsverhältnis ab dem ersten Tag des nachfolgenden Monats. Tarife, die nicht der Erfüllung der Versicherungspflicht dienen, werden zu diesem Zeitpunkt gekündigt.
  • Umstellung in den Notlagen-Tarif (NLT): Solange der Versicherungsvertrag ruht, gilt der Notlagen-Tarif (NLT) als versichert
  • Bis zur Umstellung in den NLT dauert das neue Mahnverfahren insgesamt ca. 6 Monate und beinhaltet nun zwei Mahnungen
 
Rückumstellung aus dem Notlagen-Tarif (NLT)
 
  • Nach dem vollständigen Ausgleich der Rückstände einschließlich aller Kosten und Säumniszuschläge, erfolgt zum Ersten des übernächsten Monats die Rückumstellung aus dem Notlagen-Tarif (NLT) in den ursprünglichen Tarif
  • Alle vor dem Notlagentarif getroffenen Vereinbarungen (Selbstbehalte, Höchstsätze, Risikozuschläge oder Optionsrechte) sind wieder gültig
  • Alterungsrückstellungen, die in den NLT transferiert wurden, werden wieder im Ursprungstarif berücksichtigt; dies gilt auch für "geparkte" Rückstellungen, die im NLT nicht angerechnet wurde
  • Der Beitrag in den Ursprungstarifen kann sich entsprechend erhöhen, da während der Versicherungsdauer im NLT keine zusätzlichen Alterungsrückstellungen aufgebaut werden 
 
 
Verzicht auf den Prämienzuschlag für Nichtversicherte bei Beantragung einer privaten Krankenversicherung (PKV) bis zum 31.12.2013
 
Seit dem 01.04.2007 besteht in Deutschland eine Versicherungspflicht für Personen, die in den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fallen. Für die private Krankenversicherung (PKV) gilt dies entsprechend seit dem 01.01.2009. Für jeden Monat, den eine in der PKV versicherungspflichtige Person nach dem Stichtag unversichert war, hat er bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung einen sog. Prämienzuschlag zu entrichten.
 
Um Nichtversicherten den Zugang zur PKV zu erleichtern, wird die Erhebung des Prämienzuschlags bis zum 31.12.2013 ausgesetzt. Es wird kein Prämienzuschlag erhoben, wenn die Antragstellung bis zum 31.12.2013 erfolgt. Bei einer Antragsstellung ab dem 01.01.2014 werden die zuvor ausgesetzten Prämienzuschläge von Nichtversicherten wieder eingefordert.
 
 

 

Quellen:
(1) Privatpatient von A bis Z: Notlagen-Tarif
(2) Signal Iduna: Newsletter 09/2013 Krankenversicherung; (Stand: 09/2013)
(3) Bundesministerium der Justiz: § 12h Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)
(4) PKV-Verband: Allg. Versicherungsbedingungen (AVB) Notlagen-Tarif NLT 2013
(5) BMG: Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung tritt am 1. August in Kraft
(6) BMG: PM - Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung tritt am 1. August in Kraft
(7) BMG: Fallkonstellationen in der GKV
(8) BMG: Fallkonstellationen in der PKV
(9) Wikipedia: Krankenversicherung in Deutschland - Allgemeine Krankenversicherungspflicht
(10) Bundesministerium der Justiz: § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

 

Download:
(1) PKV-Verband: Allg. Versicherungsbedingungen (AVB) Notlagen-Tarif NLT 2013

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