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Solvabilität 2016 der PKV-Versicherer
Inhaltsübersicht
1. SFCR-Berichte
2a. Solvenzkapitalanforderung (SCR)
2b. Mindestkapitalanforderung (MCR)
3. Markwertbasierte Bewertung
4. Auswirkungen
5. Tabelle
6. Fazit
Mit der Einführung der Solvency II-Richtlinie gilt ein neues, einheitliches Aufsichtssystem in Europa mit der das europäische Versicherungsaufsichts¬recht grundlegend reformiert wurde. Schwerpunkte der Richtlinie sind erweiterte Publikationspflichten sowie verfeinerte Solvabilitäts-vorschriften für die Eigenmittelausstattung der Versicherungsunternehmen.
Mit Solvency II sollen Risiken der Versicherer frühzeitig sichtbar gemacht werden und gleichzeitig wird von den Versicherern eine angemessene Vorsorge verlangt. Das erklärte Ziel ist es, Vermögen und Leistungsansprüche der Versicherungsnehmer zu schützen – auch unter extremen Bedingungen.
Nachdem das erste Geschäftsjahr unter Solvency II abgeschlossen ist sind die unter Solvency II fallenden Versicherer nun erstmals ihren jährlichen Berichtspflichten nachgekommen. Bis zum 22. Mai 2017 mussten die deutschen Versicherer der BaFin neben den quantitativen Formularen den Bericht über Solvabilität und Finanzlage (Solvency and Financial Condition Report – SFCR) vorlegen und die SFCR-Berichte auf ihrer Hompage veröffentlichen.
1. SFCR-Berichte
Die erstmalige Veröffentlichung der SFCR-Berichte stellt einen wichtigen Schritt zu mehr Transparenz dar. Die Versicherer berichten darin über alle Aspekte, die für ihre Geschäftstätigkeit und Risikolage relevant sind:
- das versicherungstechnische Ergebnis und das Anlageergebnis,
- das Governance-System einschließlich des Risikomanagementsystems und des internen Kontrollsystems,
- das Risikoprofil des Unternehmens, die für Solvabilitätszwecke vorgenommene Bewertung und das Kapitalmanagement.
Die SFCR-Berichte über das Kapitalmanagement schließt die Angabe der Bedeckungsquoten mit ein, also des Verhältnisses aus verfügbaren Eigenmitteln zu den aufsichtlichen Kapitalanforderungen. Um die aufsichtlichen Kapitalanforderungen zu erfüllen, muss das Unternehmen eine Bedeckungsquote von mindestens 100 Prozent aufweisen. Dabei unterschiedet man die Solvenzkapitalanforderung (SCR) sowie die Mindestkapitalanforderung (MCR).
2a. Solvenzkapitalanforderung (SCR)
Die Solvency Capital Requirement (SCR) beschreibt die regulatorische Solvenzkapitalanforderung und kann unter Verwendung einer Standardformel oder durch ein vom jeweiligen Versicherungsunternehmen entwickeltes internes Modell berechnet werden, sofern die BaFin dieses Modell genehmigt.
Die Solvenzkapitalanforderung (SCR) im Standardmodell entspricht dabei dem Kapital, sodass die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz des Unternehmens für das Folgejahr maximal 0,5 % beträgt:
- Die Eintrittswahrscheinlichkeit von 0,05 Prozent entspricht einem 200-Jahresereignis
- eine SCR-Bedeckungsquote von 100 % bedeutet, dass bei Eintritt eines 200-Jahresereignisses die Unternehmensfortführung sichergestellt ist
d.h. im Umkehrschluss:
- es wird Versicherungsnehmern zu 99,5 % garantiert, dass alle im Folgejahr anfallenden Zahlungsverpflichtungen inklusive der Folgeverpflichtungen durch das Unternehmen bedient werden können.
- Jedes Versicherungsunternehmen hat ab dem 01.01.2016 sicherzustellen, all seine vertraglich eingegangenen Verpflichtungen für das kommende Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,5% erfüllen zu können.
Die sog. SCR-Bedeckungsquote (SCR-Quote) entspricht dabei dem Verhältnis der anrechnungsfähigen Eigenmittel zur Solvenzkapitalanforderung.
Allerdings können Versicherer die SCR-Quote durch genehmigungspflichtige Instrumente (BaFin) beeinflusst werden. Dabei werden u.a. die folgenden Instrumente unterschieden:
- Übergangsmaßnahmen für versicherungstechnische Rückstellungen gemäß § 352 VAG
- Übergangsmaßnahmen für risikofreie Zinssätze nach § 351 VAG
- Volatilitätsanpassungen gemäß § 82 VAG
2b. Mindestkapitalanforderung (MCR)
Das Minimum Capital Requirement (MCR) beschreibt die regulatorische Untergrenze der Solvenzkapitalanforderung (SCR).
- Das MCR ist das Eigenmittelniveau, unterhalb dessen die Interessen der Versicherungsnehmer gefährdet wären
- Wenn die anrechenbaren Eigenmittel diese Grenze unterschreiten, kann das den Verlust der Geschäftsbetrieberlaubnis zur Folge haben
- Es stellt somit die letzte aufsichtsrechtliche Eingriffsschwelle dar, bevor dem Unternehmen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb entzogen wird
Die sog. MCR-Bedeckungsquote entspricht dabei dem Verhältnis der anrechnungsfähigen Eigenmittel zur Mindestkapitalanforderung.
3. Markwertbasierte Bewertung
Mit der Einführung von Solvency II fand eine erhebliche Umstellung des Bewertungssystems statt – weg von einer buchwertbasierten und hin zu einer marktwertbasierten Bewertung. Damit bleibt festzuhalten, dass die Beurteilung eines Unternehmens nicht an einer einzelnen Kennzahl festgemacht werden kann - wie bereits die Erläuterung des Drei-Säulen-Modells gezeigt hat.
Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die Kapitalanforderungen und die Zusammenhänge unter Solvency II:
4. Auswirkungen
Die Solidität eines Versicherungsunternehmens wird von einer Vielzahl von Kennzahlen und Merkmalen beinflusst:
- der finanziellen Ausstattung
- der Qualität seiner Geschäftsorganisation und
- seines internen Risikokontrollsystems
Ferner lässt sich festhalten, dass unterschiedliche Geschäftsmodelle zu unterschiedlichen Ergebnissen bei den Kennzahlen führen. So ist neben der Größe des Unternehmens und der Marktlage im jeweiligen Segment auch das individuelle Risikoprofil zu berücksichtigen. Die Individualisierungs-möglichkeiten wie die Nutzung von unternehmensspezifischen Parametern oder internen Modellen beeinflussen die Höhe der Bedeckung ebenfalls.
Auf dem deutschen Markt wird neben der Volatilitätsanpassung insbesondere die Übergangsmaßnahme zur Bewertung versicherungstechnischer Rückstellungen angewendet. Die SFCR-Berichte sorgen für mehr Transparenz, indem die Unternehmen verpflichtet sind, die Wirkung der Maßnahmen auf die Finanzlage offenzulegen.
Aufgrund der zuvor genannten Instrumente, die die SCR-Quote beinflussen können, wird in der nachfolgenden Tabelle die bereinigte Netto-Quote verwendet, d.h. um eine Vergleichbarkeit der Kennzahlen zu gewährleisten wurde der Einfluss möglicher Instrumente herausgerechnet.
Solvabilität: SCR-Quoten 2016 der PKV-Versicherer
Versicherer* | SCR-Quote netto (Stand 31.12.2016) |
SCR-Quote brutto (Stand: 31.12.2016) |
Rückstellungen nach § 352 VAG |
Vola-Anpassung nach § 82 VAG |
verwendetes Modell |
---|---|---|---|---|---|
Advigon | 210 % | 210 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Allianz | 317 % | 345 % | Nein | Ja | eigenes Modell |
Alte Oldenburger | 743 % | 743 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Arag | 789 % | 828 % | Ja | Nein | Standardmodell |
Axa | 207 % | 221 % | Nein | Ja | eigenes Modell |
Barmenia | 462 % | Nein | Nein | Standardmodell | |
BBKK | 510 % | 510 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Central | 422 % | 472 % | Nein | Ja | partiell, internes Modell |
Concordia | 439 % | 439 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Continentale | 500 % | 500 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Debeka | 449 % | 449 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Deutscher Ring | 507 % | 507 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Devk | 476 % | 476 % | Nein | Nein | Standardmodell |
DFV | 190 % | 190 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Die Bayerische | 197 % | 197 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Dkv | 361 % | 361 % | Nein | Nein | eigenes Modell |
Envivas | 209 % | 206 % | Nein | Ja | Standardmodell |
Ergo Direkt | 177 % | 177 % | Nein | Nein | Standardmodell |
FAMK | 962 % | 962 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Markt | 484 % | ||||
Gothaer | 380 % | 777 % | Ja | Ja | Standardmodell |
Hallesche | 677 % | 677 % | Nein | Nein | Standardmodell |
HanseMerkur | 429 % | Nein | Nein | Standardmodell | |
Huk-Coburg | 534 % | 907 % | Ja | Ja | Standardmodell |
Inter | 692 % | 692 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Janitos | 202 % | 202 % | Nein | Ja | Standardmodell |
Lkh | 919 % | 919 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Lvm | 454 % | 454 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Mecklenburgische | 360 % | 360 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Münchener Verein | 935 % | 935 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Nürnberger | 526 % | 526 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Pax | 553 % | 678 % | Ja | Ja | Standardmodell |
Provinzial (VGH) | 708 % | 708 % | Nein | Nein | Standardmodell |
R+V | 398 % | 398 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Sdk | 674 % | 674 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Signal | 509 % | 509 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Ukv | 494 % | 494 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Universa | 835 % | 835 % | Nein | Nein | Standardmodell |
Vigo | 195 % | 265 % | Ja | Ja | Standardmodell |
Württembergische | 277 % | 277 % | Nein | Nein | Standardmodell |
* Alphabetische Sortierung nach Versicherungsunternehmen
5. Fazit
Mit der Einführung der Solvency-II-Richtlinie ergeben sich folgende Neuerungen:
- 40 private Krankenversicherer sind nach Solvency II berichtspflichtig
- alle obigen Versicherer weisen eine SCR-Bedeckungsquote von 100% oder mehr auf
- 36 Versicherer verwenden das Standardmodell
- 4 Versicherer (Allianz, AXA, Central und DKV) verwenden ein partielles oder vollständiges internes Modell
- 5 Versicherer (Arag, Gothaer, HUK, PAX und vigo) nutzen Übergangsmaßnahmen für versicherungstechnische Rückstellungen nach § 352 VAG
- 9 Unternehmen nutzen die Möglichkeit der Volatilitätsanpassung nach § 82 VAG
Quellen:
(1) BaFin: Solvency II
(2) BaFin: Erste Jahreszahlen nach Einführung von Solvency II
(3) Gabler Wirtschaftslexikon: Solvency Capital Requirement (SCR)
(4) ISS Software GmbH: Solvency II kompakt - Solvenzkapital
(5) Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG): Solvabilitätsübersicht § 74 ff.
(6) Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG): § 82 Volatilitätsanpassung
(7) Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG): § 351 Risikofreie Zinssätze
(8) Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG): § 352 Versicherungstechnische Rückstellungen